Barrierefreiheitsstärkungsgesetz 2025 ⇒ Alles Wissenswerte!
Barrierefreiheitsstärkungsgesetz 2025: Ihr Guide zum BFSG!
Mehr als 87 Millionen Menschen in der EU leben mit einer Behinderung, und die Zahl der Senioren wächst stetig. Digitale Teilhabe für alle im Netz und bei Produkten soll selbstverständlich werden. Am 28. Juni 2025 ist es soweit und das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) tritt vollends in Kraft.
Das Gesetz verpflichtet Unternehmen, ihre Websites, Apps, Online-Shops, digitale Endprodukte und Services sowie Bank- und Ticketautomaten barrierefrei zu gestalten.
Wer ist betroffen? Wie setzt man die Anforderungen um? Welche Hilfen gibt es? In diesem umfassenden BFSG-Ratgeber erfahren Sie, was Sie beachten müssen und wie Sie Ihre Angebote barrierefrei umsetzen können.
BFSG kompakt: Das Wichtigste in Kürze
Die Geschäftspotenziale in nahezu allen Branchen sind beachtlich. Die barrierefreie Gestaltung von Produkten und Diensten erschließt nicht nur neue Kundengruppen, sondern verbessert die Nutzererfahrung (UX) für alle. Abbruchraten und Supportaufwand sinken drastisch. Der Return on Investment einer barrierefreien Gestaltung zeigt sich in vielfältiger Weise. Neben der Erschließung neuer Märkte profitieren Unternehmen von einer verbesserten SEO-Platzierung und höherer Kundenbindung.
Das BFSG betrifft nahezu alle Unternehmen, die Produkte oder Dienstleistungen für Verbraucher anbieten. Die Ausnahmen sind dabei überschaubar. Hier erkennen Sie leicht, ob Sie zu dem Kreis derer gehören, die sich im Zuge des BFSG umstellen müssen.
Laut dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) sind grundsätzlich alle Unternehmen betroffen, die die in § 1 Absätzen 2 und 3 des BFSG genannten Dienstleistungen anbieten oder Produkte herstellen bzw. vertreiben. Die Unternehmensgröße entscheidet jedoch über den Umfang der Pflichten:
Freiberufler, Solo-Selbstständige, Kleingewerbetreibende und Mikrounternehmen (unter 10 Mitarbeiter und unter 2 Mio. Euro Jahresumsatz oder einer Jahresbilanzsumme von unter 2 Millionen Euro):
Mittlere und große Unternehmen:
Das etwas sperrig klingende Gesetz setzt die EU-Richtlinie 2019/882 (European Accessibility Act, kurz EAA) in deutsches Recht um. Diese Richtlinie regelt den digitalen Geschäftsverkehr für viele Bereiche neu. Das Gesetz schafft einheitliche Standards für barrierefreie Produkte und Dienstleistungen im EU-Binnenmarkt und stärkt die Rechte von Menschen mit Behinderungen in der EU.
Die Harmonisierung soll Handelshemmnisse abbauen und Innovation im Bereich barrierefreier Technologien fördern. Mit der Einführung des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes am 28. Juni 2025 läutet Deutschland eine neue Ära der digitalen Inklusion ein.
Bereits 2024 sollten die Vorbereitungen der betroffenen Unternehmen abgeschlossen sein. Dazu gehörte die Überprüfung der eigenen Produkte und Dienstleistungen auf Barrierefreiheit. Nach dieser Analyse sollten nötige Umsetzungsstrategien entwickelt werden, um dem neuen BFSG gerecht zu werden. Die Mitarbeiter sollten dementsprechend geschult werden.
Am 28. Juni 2025 ist es soweit und den Vorbereitungen müssen Taten gefolgt sein. Wenn das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz in Kraft tritt, müssen alle neuen Produkte barrierefrei sein. Auch die umfangreichen Dokumentationspflichten beginnen jetzt.
Am 27. Juni 2030 müssen auch bestehende Produkte, die vor Juni 2025 auf den Markt kamen, barrierefrei gestaltet sein, da die Übergangsfrist endet.
Ausnahme: Selbstbedienungsterminals, die vor dem 28. Juni 2025 eingesetzt wurden, dürfen maximal 15 Jahre ab Inbetriebnahme weiter genutzt werden. Ein Ticketautomat von 2020 könnte beispielsweise bis 2035 im Einsatz bleiben.
2025: Der Stichtag – am 28. Juni müssen neue Produkte barrierefrei sein.
2030: Die Gnadenfrist endet – am 27. Juni müssen auch Bestandsprodukte angepasst sein.
„Technik ist für die Menschen da und nicht umgekehrt.
Barrierefreiheit sorgt dafür, dass die modernsten digitalen Technologien in der öffentlichen Verwaltung für alle Menschen zugänglich und nutzbar sind.“Dr. Markus Richter, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern und für Heimat und Beauftragter der Bundesregierung für Informationstechnik
Für Webseiten und Online-Shops bietet der BIK BITV-Test ein Testverfahren, das in Abstimmung mit Selbsthilfeverbänden von Menschen mit Behinderungen und mit Experten für Barrierefreiheit entwickelt wurde.
Die Abkürzung BIK steht für „Barrierefrei informieren und kommunizieren“. BITV steht für „Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung“. Sie basiert auf den EN 301 549 Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) und stellt sicher, dass Webseiten für alle Menschen, einschließlich Personen mit Behinderungen, zugänglich sind.
Laut BMAS gibt es derzeit für Produkte und Dienstleistungen keinen kostenlosen Weg, um die erforderliche Barrierefreiheit zu testen.
Jeder Hersteller muss selbst überprüfen, ob das Produkt oder die Dienstleistung mit den Anforderungen des BFSG bzw. der dazugehörigen Verordnung übereinstimmt. Laut Bundesministerium für Arbeit und Soziales bietet die Bundesfachstelle für Barrierefreiheit eine kostenlose Beratung für Klein- und Kleinstunternehmen zu den Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen an.
Mittels des CE-Kennzeichens, das auf dem Produkt anzubringen ist, erklärt der Hersteller die Übereinstimmung des Produkts mit den Barrierefreiheitsanforderungen.
Die Marktüberwachung der Einhaltung des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes hat Zähne und droht bei Missachtung mit empfindlichen Strafen. Die Bundesnetzagentur ist für die Überwachung der digitalen Dienste verantwortlich und die örtlichen Landesbehörden für alle weiteren Dienstleistungen und Produkte.
Koordiniert wird das Ganze vom Bundesamt für Justiz. Die Behörden prüfen sowohl stichprobenartig als auch anlassbezogen nach Beschwerden. Sie setzen dabei in der Regel zunächst auf Beratung, danach auf Strafen.
Die Strafen sind im Paragraf 37 des BFSG festgeschrieben. Sie reichen von Bußgeldern die im Höchstfall 100.000 Euro betragen können über Verkaufsverbote bis hin zu imageschädigenden Rückrufaktionen. Die Marktüberwachungsbehörde kann bei den in § 37 BFSG aufgezählten Verstößen in ihrem Ermessen angemessene Strafen verhängen.
„Theoretisch sind diese Sanktionen ab Inkrafttreten des Gesetzes, bzw. beim ersten durch die Marktüberwachungsbehörde festgestellten Verstoß möglich“, erklärt eine Sprecherin des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.
Die praktische Umsetzung des BFSG stellt Unternehmen vor unterschiedliche Herausforderungen – je nachdem, welche Produkte oder Dienstleistungen sie anbieten.
Bei barrierefreiem eCommerce muss der gesamte digitale Geschäftsverkehr von der Produktsuche, über detaillierte Produktbeschreibungen bis zur Bezahlung ohne Hindernisse funktionieren.
Alle Informationen in Online-Shops müssen auch ohne Maus zugänglich sein, Bilder benötigen aussagekräftige Alternativtexte, und der Bestellvorgang muss klar strukturiert und für Screenreader verständlich sein.
Websites, Software und Apps müssen für die barrierefreie Gestaltung mindestens die Anforderungen der WCAG-Richtlinien Level AA erfüllen. Ein ausreichender Kontrast zwischen Text und Hintergrund mit einem Verhältnis von mindestens 4,5:1 bei normalem Text und 3:1 bei großer Schrift (18pt oder 14pt bold) ist dabei eine grundlegende Anforderung. Eine weitere ist die Möglichkeit zur Textvergrößerung.
Die Navigation muss durchgängig per Tastatur möglich sein, und alle Inhalte müssen eine logische Struktur und ausreichend Kontraste aufweisen. Schriftgrößen müssen sich anpassen lassen, und es darf keine zeitkritischen Elemente geben, die Nutzer unter Druck setzen.
Wahrnehmbarkeit verbessern
Bedienbarkeit erhöhen
Verständlichkeit sicherstellen
Technische Robustheit gewährleisten
Trennen Sie strikt Inhalt, Struktur und Design für eine responsive Darstellung.
Optimieren Sie die Website für verschiedene Geräte und unterstützende Technologien.
Im Bankwesen geht es um weit mehr als nur barrierefreie Websites. Alle Bankdienstleistungen müssen durchgängig barrierefrei sein – von Geldautomaten mit Sprachausgabe und taktiler Bedienung (bei Sehbehinderungen) bis hin zu Online-Banking-Plattformen mit klarer Navigation und alternativen Authentifizierungsmethoden. Selbst mobile Banking-Apps müssen mit Hilfstechnologien wie Lesegeräten kompatibel sein. Besonders die sichere Identifikation muss dabei für alle Nutzergruppen gewährleistet sein.
Hersteller von Smartphones, Computern und anderen Endgeräten stehen vor der Aufgabe, ihre Hardware grundlegend barrierefrei zu gestalten. Die Geräte müssen über taktil erkennbare Bedienelemente verfügen und auch ohne Feinmotorik nutzbar sein. Sämtliche Schnittstellen müssen mit gängigen Hilfsmitteln, wie Lesegeräten, kompatibel sein.
Telekommunikationsdienste müssen ihre Notruffunktionen so gestalten, dass sie über verschiedene Kommunikationskanäle erreichbar sind, etwa durch Text, Sprache oder Videoanrufe. Alle Dienste müssen zudem Echtzeit-Text unterstützen und eine hochwertige Audioübertragung für Hörhilfen gewährleisten. Video-Telefonie muss für Gebärdensprache geeignet sein.
Für die praktische Umsetzung von Barrierefreiheit bei der digitalen Kommunikation hat der Beauftragte der Bundesregierung für Informationstechnik umfangreiche Checklisten veröffentlicht.
Im öffentlichen Verkehr müssen nicht nur die Fahrzeuge selbst, sondern auch alle digitalen Systeme wie Fahrkartenautomaten und Lesegeräte für Tickets barrierefrei gestaltet werden.
Die Ticketautomaten müssen dafür sowohl visuell als auch akustisch und taktil für Menschen mit Sehbehinderung bedienbar sein. Reiseinformationen müssen in Echtzeit und in verschiedenen Formaten bereitgestellt werden. Auch die Buchungssysteme müssen so gestaltet sein, dass auch zusätzliche Hilfeleistungen problemlos gebucht werden können.
Mit automatisierten Internet-Accessibility-Testtools können Sie Ihre Website, App oder Ihren Online-Shop einfach testen. Besonders etabliert haben sich WAVE©® und aXe DevTools sowie das kostenlose Open-Source-Prüfungstool Google Lighthouse. Bei jedem Update und jedem neuen Inhalt sollten Sie eine erneute Prüfung durchführen.
Der Bitkom-Leitfaden zielt darauf ab, Unklarheiten bei der Umsetzung des BFSG zu beseitigen und Unternehmen bei der Integration von Barrierefreiheit in Produktentwicklung, Einkauf und Betrieb zu unterstützen. Er konzentriert sich auf zentrale Themen wie die barrierefreie Gestaltung von Apps, Webseiten, Dokumenten und E-Commerce-Prozessen.
Bitkom bietet auch spezielle Schulungen an, wie zum Beispiel ein Live-Online-Seminar zum Thema „UX und Accessibility “, das sich auf die Anforderungen des European Accessibility Acts konzentriert und praktische Maßnahmen und Tools zur Umsetzung von Barrierefreiheit vermittelt.
Der TÜV SÜD bietet Unterstützung bei der Umsetzung von Vorgaben zur digitalen Barrierefreiheit durch Prüfung und Zertifizierungen an.
Ihnen stehen auch die Beratungs- und Schulungsangebote der einzelnen Handels- und Handwerkskammern zur Verfügung, wie auch Implementierungshilfen und Praxisleitfäden des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.
Die Kosten der Umsetzung einer Barrierefreiheit variieren je nach Unternehmen und Ausgangslage. Für die Optimierung einer Website fallen typischerweise zwischen 5.000 und 20.000 Euro an. Die Anpassung einer App kann 10.000 bis 30.000 Euro kosten. Hinzu kommen Personalkosten für Schulungen und eventuell externe Beratung.
„Es sind keine staatlichen Zuschüsse für die Einhaltung der Anforderungen des BFSG vorgesehen“, so eine Sprecherin des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Dennoch gibt es mehrere relevante Förderprogramme zur Umsetzung von Barrierefreiheit.
Unter dem Dach der Organisation Aktion Mensch gibt es mehrere Förderprogramme. Die Organisation fördert kleine und große Vorhaben in Bezug auf Inklusion und Teilhabe für alle in den Bereichen Arbeit, Wohnen, Bildung, Freizeit und Barrierefreiheit und Mobilität.
Projektförderung „Barrierefreiheit für alle“ der Aktion Mensch
Dieses Programm der Aktion Mensch bietet einen Zuschuss von maximal 450.000 Euro bei einer Laufzeit von bis zu 5 Jahren.
Die Förderung zur barrierefreien Umgestaltung umfasst:
Die Mikroförderung Barrierefreiheit der Aktion Mensch
Dieses Programm richtet sich an gemeinnützige Organisationen und bietet bis zu 5.000 Euro Zuschuss (100 % der Projektkosten) bei einer Laufzeit von einem Jahr ohne Eigenanteil.
Arbeitgeber können beim zuständigen Integrationsamt Förderungen für die Barrierefreiheit am Arbeitsplatz beantragen. Die Höhe der Unterstützung basiert auf Einzelfallentscheidungen.
Förderungsfähige Maßnahmen umfassen:
Einige Bundesländer bieten zusätzliche Fördermaßnahmen für Vorhaben zur Umsetzung der digitalen und haptischen Barrierefreiheit. Das Land Schleswig-Holstein bietet beispielsweise Zuschüsse für Baumaßnahmen zur Herstellung physischer Barrierefreiheit in öffentlich zugänglichen Gebäuden sowie für Vorhaben zur Umsetzung der digitalen Barrierefreiheit in medizinischen Praxen.
Tipp: Bei den Industrie- und Handelskammern oder Handwerkskammern Ihres Bundeslandes erhalten Sie in der Regel Auskünfte über alle verfügbaren Fördermöglichkeiten.
Experten empfehlen, Barrierefreiheit von Anfang an in alle Entwicklungsprozesse zu integrieren. Das reduziert nicht nur die Kosten um durchschnittlich 60 % gegenüber nachträglichen Anpassungen, sondern führt auch zu besseren Ergebnissen. Regelmäßige Mitarbeiterschulungen und die frühe Einbindung von Menschen mit Behinderungen in Testphasen sind dabei entscheidend.
Die Umsetzung des BFSG kann für manche Unternehmen eine unverhältnismäßige Belastung darstellen. Das Gesetz sieht dafür konkrete Ausnahmeregelungen vor.
Von einer unverhältnismäßigen Belastung spricht man, wenn die Implementierungskosten über 5 % des Jahresumsatzes liegen oder eine betroffene Funktion weniger als 100 Mal pro Jahr genutzt wird.
Der Nachweis für eine solche Ausnahme muss jedoch wasserdicht sein. Unternehmen müssen ihre betriebswirtschaftliche Auswertung der letzten zwei Jahre vorlegen, detaillierte Kostenkalkulationen erstellen und durch Nutzungsstatistiken oder Marktanalysen die geringe Nutzung belegen. Außerdem muss nachgewiesen werden, dass keine kostengünstigeren Alternativen zur Verfügung stehen.
Laut BMAS gilt die Übergangsfrist von 5 Jahren bis zum 27. Juni 2030 gemäß § 38 Absatz 1 des BFSG nur für Dienstleister und nur in zwei Fällen.
1. Fall: Die Produkte, die zur Erbringung der Dienstleistungen verwendet werden, waren schon vor dem 28. Juni 2025 im Einsatz.
2. Fall: Die Verträge über Dienstleistungen wurden vor dem 28. Juni 2025 geschlossen und werden nicht verändert.
Tipp: Besonders Kleinstunternehmen, die Dienstleistungen wie in Fall 1 oder 2 anbieten, sollten die Übergangsfristen bis 2030 nutzen, um ihre Angebote schrittweise anzupassen.
Die Dokumentationspflichten, die durch das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz vorgeschrieben werden, sind umfangreich und erfordern sorgfältige Vorbereitung. Für jedes Produkt und jede Dienstleistung muss eine technische Dokumentation erstellt werden, die detailliert beschreibt, wie die Barrierefreiheitsanforderungen erfüllt werden.
Die technische Dokumentation und Konformitätserklärungen müssen dann von dem Unternehmen so bereitgestellt werden, dass sie für alle Interessengruppen zugänglich sind. Wie sehen die Dokumentationspflichten genau aus?
Hersteller müssen eine technische Dokumentation erstellen, die mindestens Folgendes enthalten muss:
Nach erfolgreichem Nachweis der Konformität muss der Hersteller eine Konformitätserklärung nach Anlage 2 des BFSG erstellen. Die EU-Konformitätserklärung muss für 5 Jahre aufbewahrt und auf Anfrage der Marktüberwachungsbehörde vorgelegt werden. Sie gilt auch als Nachweis gegenüber Kunden und Interessenten.
Dienstleister müssen Informationen über ihre Dienstleistungen gemäß Anlage 3 des BFSG erstellen und barrierefrei verfügbar machen. Diese Informationen müssen so lange aufbewahrt werden, wie die Dienstleistung angeboten oder erbracht wird. Sie müssen in den AGB oder auf andere deutlich wahrnehmbare Weise angegeben werden und folgende Elemente enthalten:
Wirtschaftsakteure müssen auf Anfrage der Marktüberwachungsbehörde Informationen über andere Wirtschaftsakteure – also Hersteller, Händler und Kunden – bereithalten, von denen sie Produkte bezogen oder an die sie Produkte abgegeben haben. Diese Informationen müssen mindestens fünf Jahre lang vorgehalten werden.
Bei eingeschränkter Umsetzung der Anforderungen aus BFSG und BFSGV müssen Unternehmen Beurteilungen vornehmen. Sie müssen dabei eine sorgfältige Einschätzung der Gründe für die eingeschränkte Umsetzung durchführen und diese dokumentieren. Die Beurteilung sollte auf festgelegten Kriterien basieren, darunter:
Unternehmen müssen die zuständige Marktüberwachungsbehörde informieren, wenn sie sich auf eine eingeschränkte Umsetzung berufen. Diese Beurteilung ist mindestens alle fünf Jahre zu wiederholen oder sofort bei Änderungen in der Dienstleistung.
Achtung: Mangelnde Ressourcen oder Zeit sind keine gültigen Gründe für eine Ausnahme. Die generelle Verpflichtung zur Barrierefreiheit bleibt bestehen, um die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen sicherzustellen.
Ob technische Dokumentation, Konformitätserklärung, Auskunftsdokumentation über Wirtschaftsakteure oder die Umsetzungsanforderungs-Selbstbeurteilung: Alle Dokumentationen müssen für einen Zeitraum von fünf Jahren in schriftlicher oder elektronischer Form aufbewahrt werden.
Einzige Ausnahme: Informationen für Dienstleistungen
Dienstleister müssen Informationen über ihre Dienstleistungen gemäß Anlage 3 des BFSG erstellen und barrierefrei verfügbar machen. Diese Informationen müssen so lange aufbewahrt werden, wie die Dienstleistung angeboten oder erbracht wird.
Um alle Dokumentationspflichten gemäß dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz alle sicher zu erfüllen, gibt es Barrierefreiheits-Managementsysteme als Hilfe.
Barrierefreiheits-Managementsysteme wie Siteimprove, UserWay oder LevelAccess, helfen, alle Maßnahmen zur Umsetzung der BFSG-Anforderungen systematisch zu dokumentieren und nachzuweisen.
Sie ermöglichen auch die Aufzeichnung durchgeführter Audits, Schulungen, Implementierungen und regelmäßiger Überprüfungen. Zudem unterstützen sie bei der Erstellung und Aktualisierung der erforderlichen Erklärung zur Barrierefreiheit auf der Unternehmenswebsite.
Auch bei der Dokumentation und Beurteilung von Ausnahmetatbeständen, wie etwa unverhältnismäßigen Belastungen, unterstützen Barrierefreiheits-Managementsysteme. Genauso wie bei der Identifizierung von Schwachstellen und einer vereinfachten Zusammenarbeit mit Partnern und Geschäftskunden.
Der Online-Händler Otto geht als gutes Beispiel für eine Schritt-für-Schritt-Umsetzung voran. Er investierte rund 2,5 Millionen Euro in die barrierefreie Gestaltung seiner Plattform.
Ergebnis: Die Kundenzufriedenheit stieg um 24 %, während die Abbruchrate im Checkout um 18 % sank.
Ein weiteres Beispiel ist die Deutsche Bahn. Sie entwickelte ihren Fahrkartenautomaten „DB Advanced“ mit akustischer Führung.
Ergebnis: DB verzeichnete einen Anstieg der Nutzung von 35 %.
„Die Barrierefreiheit in der digitalen Welt von heute
ist eine Voraussetzung und zugleich ein Beschleuniger für einen
modernen Staat mit einer partizipativen Gesellschaft.“
Prof. Dr. Erdmuthe Meyer zu Bexten, Landesbeauftragte für barrierefreie IT und digitale Teilhabe in Hessen
Die technologische Entwicklung eröffnet ständig neue Möglichkeiten für barrierefreie Lösungen. Künstliche Intelligenz wird bereits jetzt eingesetzt, um Bilder automatisch mit Alternativtexten zu versehen oder Untertitel in Echtzeit zu generieren. Natural Language Processing verbessert die Sprachsteuerung, während AR- und VR-Technologien neue Wege der Navigation eröffnen.
Die EU plant bereits die nächsten Schritte. Die WCAG-Richtlinien werden in Version 3.0 um Kriterien für IoT-Geräte und Sprachschnittstellen erweitert. Weitere Produktkategorien sollen in den Geltungsbereich der Barrierefreiheitsanforderungen aufgenommen werden. Die Harmonisierung im EU-Binnenmarkt schreitet voran. Was als gesetzliche Pflicht beginnt, wird zum Wettbewerbsvorteil.
Häufige Fragen zum BFSG: Die Barrierefreiheitsstärkungsgesetz-FAQ
Ja, sämtliche Produkte und Dienstleistungen, die im EU-Binnenmarkt angeboten werden, müssen die Anforderungen erfüllen – unabhängig von ihrem Ursprungsland. Die Verantwortung liegt beim Importeur.
Die BFSG-Verpflichtungen bleiben auch während eines Insolvenzverfahrens bestehen. Der Insolvenzverwalter muss sicherstellen, dass die Anforderungen weiterhin erfüllt werden, solange Produkte verkauft oder Dienstleistungen angeboten werden.
Das BFSG selbst enthält keine direkten Schadenersatzansprüche für Verbraucher. Allerdings können sich Ansprüche aus dem allgemeinen Zivilrecht ergeben, wenn die fehlende Barrierefreiheit zu einem konkreten Schaden führt.
Marketplace-Betreiber müssen sicherstellen, dass ihre Plattform barrierefrei ist. Für die Barrierefreiheit der einzelnen Produkte sind die jeweiligen Händler verantwortlich. Die Plattform muss jedoch Mechanismen bereitstellen, um barrierefreie Produktinformationen anzuzeigen.
Auch temporäre Angebote müssen die BFSG-Anforderungen erfüllen. Es gibt keine Ausnahmen für zeitlich begrenzte Dienstleistungen oder vorübergehende Verkaufsstellen.
Jedes Update oder jede neue Funktion muss die BFSG-Anforderungen erfüllen. Bei größeren Updates von Bestandsprodukten beginnt keine neue Übergangsfrist – sie müssen sofort barrierefrei sein.
Sowohl der Original-Hersteller als auch das Unternehmen, das das Produkt unter eigenem Namen vertreibt, sind für die Barrierefreiheit verantwortlich. Die Dokumentationspflichten müssen von beiden erfüllt werden.
Ja, Behindertenverbände können nach dem Unterlassungsklagengesetz gegen systematische BFSG-Verstöße klagen. Dies ist unabhängig von den behördlichen Sanktionen möglich.
Jeder Franchise-Nehmer ist einzeln für die Einhaltung des BFSG verantwortlich. Der Franchise-Geber muss jedoch sicherstellen, dass sein System grundsätzlich BFSG-konform gestaltet werden kann.
KI-Systeme müssen so gestaltet sein, dass sie für alle Menschen zugänglich sind. Dies betrifft besonders Spracheingabe, Bilderkennungssysteme und automatisierte Entscheidungsprozesse. Die Barrierefreiheit muss auch bei selbstlernenden Systemen gewährleistet bleiben.
Bei Unternehmenskäufen gehen alle BFSG-Verpflichtungen auf den neuen Eigentümer über. Die bisherigen Dokumentationen müssen übergeben werden, und laufende Anpassungsprozesse müssen fortgeführt werden.
BFSG 2025 Guide ⇒ Größte digitale Transformation seit der DSGVO ✓
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